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DEZA
Ausgabe: 04/2023

Seit dem Jahr der Unabhängigkeit des Tschad 1960 sind die Entschlossenheit und der Scharfsinn der Tschaderinnen anerkannt, mit denen sie Jahr für Jahr den Kampf um ihre legitimen Rechte und die Ermächtigung gewinnen. Der Weg bis zur Gleichstellung, den sie vor sich haben, ist trotzdem noch lang.

Längst ist es den Tschaderinnen mancher Gemeinschaften im Süden des Landes nicht mehr verboten, Hühnerfleisch zu essen. Bis zu Beginn der 1970er-Jahre durften die meisten Frauen dieser Gemeinschaften die leckeren Fleischstücke des Poulets nicht mit den Männern teilen, weder auf dem Land noch in der Stadt.

Was war der Grund für dieses Verbots? Insofern es nichts mit Totems oder Religion zu tun hat, ging es schlicht und einfach um den Egoismus der Männer. Eine von vielen Diskriminierungen, unter denen die Frauen litten und in manchen Bereichen immer noch leiden.

Inzwischen hat sich im Tschad vieles verändert, aber auch wenn der Hühnermagen nicht eben den Status anderer Stücke hat, so überlassen manche Frauen ihn nach wie vor dem Familienvater, weil das Stück streng genommen ihm gehöre. Nach und nach und besonders seit dem Bürgerkrieg 1979 durchlief die Tschader Gesellschaft einen tiefgreifenden Wandel, der in gewissem Sinn der Ermächtigung der Frauen zugute kam. In vielen Haushalten ist die Frau mittlerweile das Oberhaupt. Sie bringt dank ihrer vielen einkommensträchtigen Aktivitäten das Essen nach Hause. Ab und zu macht sie sich eine Freude, kauft ein Huhn und schlachtet es auch selbst.

Laut einer aktuellen Studie des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) mit dem Titel «Frauen, Ermächtigung und Konsolidierung von Frieden und Sicherheit im Tschad» konnten sich die Frauen in den letzten Jahren immer besser ermächtigen, auch wenn geschlechtsspezifische Gewalt ihren Kampf überschattet. Sowohl im städtischen wie im ländlichen Umfeld sind die Frauen in der Verarbeitung (Shea- und Erdnussöl, Seifen- und Fruchtsaftherstellung), der Vermarktung von Fischerei-, Vieh- und Landwirtschaftsprodukten sowie im Kunsthandwerk tätig.

Sylvie Neloumta hat eben ihr Journalismusstudium an der Universität N’Djamena abgeschlossen. Nach einem Praktikum bei einem lokalen Radiosender ist sie in den Gemüsehandel eingestiegen. Nicht ohne Stolz erzählt sie, wie sie unter anderem Sellerie, Karotten, Kohl, Auberginen und Zucchetti unter die Leute bringt.

Auf politischer Ebene hat ein Dekret den Anteil Frauen bei Ernennungen und in Entscheidungsgremien auf 30 Prozent festgelegt, wobei zahlreiche Stimmen Parität fordern. Die 46-jährige Fatimé Amsissane Lamana ist Unternehmerin und Mitglied des nationalen Übergangsrats. «Das Zusammenleben war mir immer ein Anliegen. Deshalb habe ich mich schon früh gesellschaftlich engagiert und zwar als Präsidentin des Tschader Studentenvereins in Kamerun. Ich kämpfe an allen Fronten dafür, dass die Frauen unabhängig und in allen Lebensbereichen selbstständig werden», sagte sie vor dem UNFPA. Als führende Kraft im Verband der Kooperativen von Chari-Baguirmi organisiert sie kollektive Selbsthilfe in so unterschiedlichen Bereichen wie Kunsthandwerk, finanzielle Inklusion und Erdnussölproduktion.

Der heldenhafte Kampf der tschadischen Frauen für ihre Rechte hält zweifellos noch lange an.

NOCKY DJEDANOUM hat an der Hochschule für Journalismus in Lille (Frankreich) studiert. Der Tschader ist Gründer des Festivals für afrikanische Literatur und Kunst «Fest’Africa» und schreibt Theaterstücke und Essays. Bekannt wurde er mit dem von ihm initiierten Projekt «Ruanda: Schreiben als Erinnerungspflicht», bei dem ein Dutzend afrikanische Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Ruanda zusammenkamen und zehn Werke über den Völkermord von 1994 publizierten. Nocky Djedanoum lebt im Tschad, wo er letzten November «Fest’Africa Monde» organisierte, ein Festival der afrikanischen Literatur und Künste.

© zVg
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