Das DEZA-Magazin für
Entwicklung und Zusammenarbeit
DEZA
Text: Zélie SchallerAusgabe: 04/2020

In der zerklüfteten Landschaft von Laos ernten Kleinbauernfamilien wilden Tee. Um das Produkt mit hoher Wertschöpfung zu veredeln, stärkt die DEZA deren organisatorische Fähigkeiten und das agroökologische Wissen. Dies lässt die Einkommen steigen und verbessert die Lebensbedingungen.

Im Gegensatz zu den Teesträuchern wachsen die Teebäume auf über 1200 m ü.M. in einem kühlen und feuchten Klima.  © Andrew Bartlett/Helvetas
Im Gegensatz zu den Teesträuchern wachsen die Teebäume auf über 1200 m ü.M. in einem kühlen und feuchten Klima. © Andrew Bartlett/Helvetas

Blumiges Aroma, Kräuternoten und ausgeglichene Bitterstoffe: Der Geschmack des laotischen Grüntees ist reichhaltig und komplex. Er wird von Hand an knorrigen, weit verzweigten Teebäumen (Camellia sinensis) geerntet. Rund 46'000 davon gibt es in Phongsali, der zwischen China und Vietnam eingeklemmten Provinz ganz im Norden des Landes. Manche sollen über 400 Jahre alt sein. Dank ihrer Langlebigkeit sind sie tief im Erdreich verwurzelt und gedeihen ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel. Unter Kennern erfreut sich der biologische Wildtee grosser Beliebtheit. Im Gegensatz zu den Teesträuchern der grossen Plantagen wachsen die Teebäume auf über 1200 m ü. M. in einem kühlen und feuchten Klima. Sie können zehn Meter hoch werden und sind entsprechend schwer zugänglich; die Erntearbeit ist anstrengend.

Höheres Einkommen, gesicherte Biodiversität

Das von der NGO Helvetas umgesetzte Lao Upland Rural Advisory Project (Luras) der DEZA wertet dieses Nischenprodukt auf, da dieses einen potenziell wichtigen Hebel für die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort darstellt. Dabei werden die organisatorischen Fähigkeiten der Kleinproduzentinnen und Kleinproduzenten unterstützt, nachhaltige Wertschöpfungsketten entwickelt und der Marktzugang vereinfacht. Im Fokus stehen neben Tee auch Kaffee, Reis und Mais.

Bei allen Kulturen ist das Ziel dasselbe: Ernährungssicherheit und Einkommen der Bauernfamilien verbessern und gleichzeitig die Wälder in den Berggebieten und die Biodiversität erhalten. In Laos sind mehr als 60 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft und in der Bewirtschaftung von Nicht-Holz-Produkten tätig und tragen damit zur Armutsreduktion in abgelegenen und ländlichen Gebieten bei.

Wirtschaftliche Integration der Frauen

Das Lao Upland Rural Advisory Project will auch die Rolle der Frauen in der Agrobranche aufwerten. Die Bäuerinnen werden in Gemeindeentwicklung geschult, damit sie ihr Wissen in ihrer Lokalsprache weitergeben können. «Sie verfügen über ein Tablet mit pädagogischen Unterlagen, vor allem Videos zu bewährten Methoden anderer Bäuerinnen. Dafür bekommen sie eine bescheidene monatliche Entschädigung», erklärt Helvetas-Projektleiter Andrew Bartlett. An den Austauschbesuchen nehmen gleich viele Männer wie Frauen teil.

Gemeinsame Vermarktung

Zurück zu den Jahrhunderte alten wilden Teebäumen: Um die Produktion zu erhöhen und die steigende Nachfrage zu befriedigen, sammeln die Bäuerinnen und Bauern Teesamen im Wald und säen sie in ihrer Umgebung aus. Die Qualität der neuen Teeblätter ist hoch, und sie sind leicht zu ernten. «Mit der Teeplantage hat sich die Situation beträchtlich verbessert. Wir können unsere Kinder zur Schule schicken und Essen kaufen», erzählt Chanmany. Sie lebt im Dorf Phouxang in der Provinz Oudomxay, im Nordwesten des Landes, wo das Projekt ebenfalls umgesetzt wird.

Nach dem Pflücken werden die Teeblätter in speziellen Manufakturen verarbeitet und getrocknet. Ausserdem wird der Tee hier gelagert, bis ihn die Produzenten gemeinsam vermarkten. «Damit haben wir eine grössere Verhandlungsmacht und erzielen höhere Preise», erklärt Somphet Phomtayaxai, der Gemeindevorsteher von Phouxang. Als Hauptabnehmer des laotischen Tees diktiert China im Prinzip den Preis. «Die chinesischen Investoren kommen frische und getrocknete Teeblätter kaufen und verbessern so die Existenzgrundlage der Dorfbewohner», gibt Syphan aus Yot Pieng in der Provinz Xieng Khouang zu bedenken.

Wissen weitergeben

Um die technischen Fertigkeiten zu entwickeln und den Produzentenmarkt besser zu erfassen, werden Austauschbesuche mit anderen Regionen organisiert. Die Bauern aus Phongsali haben ihre Erfahrungen mit jenen aus den Provinzen Oudomxay und Xieng Khouang getauscht, welche sie an ihre Kollegen aus Houaphan weiterreichten. Auch das Schulungszentrum in Yot Pieng versteht sich als Ort des Austauschs. Es führt zusammen mit den Produzenten agroökologische Studien durch und schafft Produktions- und Vermarktungsgruppen.

Die ausgebildeten Leute geben ihr Wissen dann an zehntausende Bäuerinnen und Bauern weiter. Bewährte Methoden werden mit einem Handbuch und in den sozialen Medien vermittelt. «Die Produzenten sind für ihresgleichen eine vertrauenswürdigere Informationsquelle als die externen Experten», erläutert Helvetas-Projektleiter Andrew Bartlett. Dieser horizontale Wissenstransfer passt sich zudem den ökologischen Bedingungen vor Ort und den Marktentwicklungen an.

Unterstützung für die Jungen

Ein zweites Zentrum für die Teebauern ist in der Provinz Houaphan im Bau; andere gibt es für die Kaffee-, die Reis- und die Maisproduzenten, aber auch für die jungen Agrounternehmer. Diese 18- bis 28-jährigen Arbeitslosen entstammen oft ethnischen Minderheiten. Sie absolvieren Praktika in Start-up-Unternehmen, lernen, einen Businessplan zu erstellen, erhalten technische Unterstützung und werden individuell begleitet, um ein Kleinstunternehmen zu gründen.

Die Jungunternehmer werden so zur Inspirationsquelle für die nächste Generation. Sie erweitern ihr agroökologisches Wissen, verbessern ihre Anbaumethoden und erobern neue Märkte. Letztlich tragen sie zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ihres Landes bei.

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