Das DEZA-Magazin für
Entwicklung und Zusammenarbeit
DEZA
Text: Karin WengerAusgabe: 03/2018

IN DIESEM DOSSIER

  • Artikel: HOHES WACHSTUM ZUM HOHEM PREIS

  • Infobox: ENTWICKLUNG ÜBER GRENZEN HINWEG

  • Artikel: WASSERDIALOG RUND UM SÜDOSTASIENS LEBENSADER

  • Interview: WIR MÜSSEN UNS NEU ERFINDEN

  • Artikel: LAOS - KEINE KOOPERATION OHNE REGIERUNG

  • FACTS & FIGURES

HOHES WACHSTUM ZUM HOHEM PREIS

Südostasien ist auf Wachstumskurs. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent im Jahr 2017 klingt vielversprechend. Doch die Kosten für Natur, Umwelt und oft auch die Lokalbevölkerung sind hoch. Denn die Regierungschefs der Region herrschen zunehmend autokratisch und zu ihren eigenen Gunsten und jener einer kleinen Schicht von Begünstigten. Nachhaltig ist das nicht – gerecht auch nicht.

© Tran Van Truong/Mekong River Commission
© Tran Van Truong/Mekong River Commission

Fischer Phyo Win hat keinen Strom, kein fliessendes Wasser, kaum Einkommen – aber er hat seit zwei Jahren ein Smartphone. Er zahlt es auf Raten ab, 40 Rappen pro Monat. Das Gerät habe sein Leben verbessert, sagt der burmesische Fischer, der in einer Bambushütte an einem kleinen Fluss auf dem Land wohnt: «Heute rufe ich meine Käufer an, wenn ich Fische gefangen habe und verkaufe sie dem, der am meisten zahlt.»

Das Smartphone steht in Myanmar für wirtschaftliche Entwicklung und die politischen Veränderungen im Land. 2011 begann die politische und wirtschaftliche Öffnung und bald darauf jene der Telekommunikationsindustrie. Noch vor wenigen Jahren konnte sich nur die kleine Oberschicht ein Smartphone leisten. Damals kostete eine SIM-Karte bis zu 2000 US-Dollar. Heute kann man sie für 1.50 Dollar kaufen, das Dorfgeschwätz hat sich auf Facebook verlagert. Das birgt auch Risiken. Vor den Wahlen im November 2015 liess das Militär mehrere Facebook-Nutzer verhaften, nachdem sie sich dort kritisch über das Militär geäussert hatten. Auch vielerorts schwelende religiöse und ethnische Konflikte werden durch Hassreden auf Facebook angeheizt. Und viele Burmesinnen und Burmesen besitzen zwar ein Smartphone, aber bis heute erhalten laut der Weltbank nur 30 Prozent der Bevölkerung durchgehend Strom.

Nur wenige Kilometer ausserhalb der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh ist vom Wirtschaftswachstum des Landes kaum etwas zu merken.     
© Joerg Modrow/laif
Nur wenige Kilometer ausserhalb der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh ist vom Wirtschaftswachstum des Landes kaum etwas zu merken.
© Joerg Modrow/laif

Myanmars Armee redet weiterhin mit

Denn auch nach der Wahl von Aung San Suu Kyi und der Nationalen Liga für Demokratie, NLD, bleiben die Gross- investitionen aus dem Westen weitgehend aus, die Wirtschaft wächst langsamer als erwartet. Das hat einerseits mit sprunghaften Entscheidungen der Regierung zu tun; andererseits hat das Image der Ikone Suu Kyi durch die Rohingya-Krise im Westen gelitten. Zudem wurde klar, dass die Generäle sowohl politisch als auch wirtschaftlich weiterhin ein gewichtiges Wort mitreden – weder ethnische Minderheiten noch der Friedensprozess profitieren davon.

Im Gliedstaat Kachin beispielsweise kontrolliert die Armee die Schatzkammer des Landes: die Jade- und Edelstein-Minen. Die Rohstoffe stehen im Zentrum des jahrzehntelangen Bürgerkriegs und werden auch von der ethnischen Minderheit der Kachin beansprucht. Für die Armee sind sie ein Milliardengeschäft. Laut der internationalen Nichtregierungsorganisation Global Witness verdiente die burmesische Armee 2014 mit dem Verkauf von Jade 31 Milliarden US-Dollar. Das entspricht knapp der Hälfte der offiziellen Wirtschaftsleistung des Landes. Doch der Profit wandert direkt in die Taschen der Minenbetreiber, also der Generäle und ihrer Geschäftspartner. Diese haben dementsprechend wenig Interesse daran, die Minen zugunsten des Friedens der Lokalbevölkerung zurückzugeben.

Vernachlässigte Minderheiten

Ethnische Minderheiten werden in vielen Ländern Südostasiens vernachlässigt. Schlechterer Zugang zu Regierungspro- grammen und Arbeit, politisch motivierte Konflikte und Mangelernährung sind dabei untrennbar miteinander verbunden. Myanmar beispielsweise weist nach Ost-Timor und Kambodscha, die höchste Quote von Mangelernährung auf. Zudem haben viele Minderheiten kein Selbstbestimmungsrecht, kein Anrecht, in den Schulen ihre Sprache zu lernen, und sie haben keine Kontrolle über die Bodenschätze in ihren Gebieten. Dies sind die Gründe für die schwelenden Bürgerkriege im Land und damit Zehntausende von Menschen ethnischer Minderheiten, die in Vertriebenenlagern leben. Obwohl Myanmar genügend Nahrungsmittel produziert, leidet vor allem die Bevölkerung in Gebieten ethnischer Minderheiten an Mangelernährung.

© Zeichnung von Jean Augagneur
© Zeichnung von Jean Augagneur

Vorzeigeland Vietnam?

Während in Myanmar die Generäle die Fäden der Macht noch weitgehend in den Händen halten, sind es im kommunistischen Einparteiensystem von Vietnam die Parteikader. Sie sind stolz auf das solide Wirtschaftswachstum des Landes von über sechs Prozent. Vor zwei Jahrzehnten war Vietnam noch eines der ärmsten Länder in ganz Südostasien. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebte unter der Armutsgrenze, heute sind es weniger als fünf Prozent. Die Regierung hat das Land geöffnet und die Bedingungen für Auslandsinvestitionen und Handel verbessert. Gleichzeitig stiegen die Lohnkosten in China, so dass viele ausländische Firmen ihre Produktionsstätten für Kleider, Schuhe und Elektronik nach Vietnam verlegten.

Vietnam boomt auch als Tourismusdestination. 2017 besuchten beinahe 13 Millionen Touristen das Land – eine Rekordzahl. Das seien schlicht zu viele, dieser Boom belaste die Umwelt, sagt Hai Ho. Der Jungunternehmer hat die Internetplattform Triip.me gegründet, eine Art Uber für Hobby-Tourguides. Der Massentourismus schade dem Land, sagt er: «Hotelbesitzer lassen Wälder abholzen, um ihre Anlagen zu bauen, so auch einen Teil des geschützten Waldes in Da Nang. Ein anderes Konglomerat will sogar eine Gondelbahn in die Son Goong-Höhle, das weltgrösste Höhlensystem, bauen, um dieses den Touristengruppen zugänglich zu machen. Wir aber sind nicht vorbereitet auf Massentourismus.»

Rettung der Flussdelfine

Der DEZA ist es in Zusammenarbeit mit dem WWF gelungen, das Aussterben des Irawadi-Delfins im Mekong aufzuhalten. Wurden 1997 in Kambodscha noch 200 Exemplare gezählt, waren es 2015 nur noch 80. 2017 aber ist die Population nach neusten Angaben erstmals seit 1997 wieder angestiegen. Die Entwicklung ist auf das Projekt PaFF zurückzuführen, welches von der DEZA finanziell unterstützt wird und unter anderem den Schutz der Irawadi-Delfine propagiert. «Die Delfine sind noch immer stark vom Aussterben bedroht», sagte der Landesverantwortliche des WWF im April der «Phnom Penh Post». «Aber wir haben nun endlich Grund daran zu glauben, dass ihr Aussterben verhindert werden kann»

Unbequeme Fakten

Vietnam ist auf dem Papier zwar noch heute eine sozialistische Republik, aber von der sozialistischen Idee ist im Land wenig zu spüren. Die Parteikader fahren deutsche Luxusmarken, McDonalds und Co. verkaufen ihre Hamburger, und das iPhone ist ein Statussymbol. Und dann sind da noch die unbequemen Fakten: Vietnam belegt auf dem Korruptionsindex von Transparency International einen der hintersten Ränge, genauso schlecht sieht es bei den Menschenrechten aus. Politischen Dissidenten droht Gefängnis. Die meisten werden beschuldigt, die demokratischen Freiheitsrechte missbraucht zu haben. Landenteignungen und Polizeigewalt gehören im Namen der Entwicklung des Landes zum Alltag.

Oft stellt die Regierung den schnellen Profit vor nachhaltige Entwicklung. Das wurde deutlich, nachdem der taiwanesische Stahlproduzent Formosa Ha Tinh Steel, einer der grössten ausländischen Investoren in Vietnam, im April 2016 Abwasser aus der Fabrik an der vietnamesischen Küste ins Meer abliess. In der Folge verendeten rund 100 Tonnen Fische, Menschen wurden vergiftet, einige starben, ein 200 Kilometer langer Küstenstreifen wurde verseucht. Die Regierung aber schützte nicht ihre Bevölkerung, sondern den ausländischen Stahlkonzern. Erst nach Monaten gab dieser das Vergehen zu und zahlte Entschädigung – für viele war es da schon zu spät. Sie hatten sich längst Arbeit anderswo suchen müssen. Heute ist die Stahlfabrik wieder in Betrieb. Wer dagegen protestiert, riskiert eingesperrt zu werden.

Umstrittenes Wirtschaftswachstum

Würde man dem hohen Wirtschaftswachstum von 2017 in Südostasien das sogenannt Grüne Wirtschaftswachstum (Green Growth) der Länder gegenüberstellen, sähe die Bilanz viel schlechter aus. Das Grüne Wachstum bezieht Kriterien mit ein, die menschliches Wohlbefinden und soziale Gerechtigkeit fördern und gleichzeitig Umweltrisiken und ökologische Knappheit verringern sollen. Es basiert auf einer nachhaltigen Nutzung von natürlichen Ressourcen in Einklang mit Armutsreduktion. In der Mekong-Region jedoch wird das Wachstum zu grossen Teilen durch die Ausbeutung natürlicher Bodenschätze und auf Kosten der Biodiversität vorangetrieben. Mit der rasanten Abholzung werden Flächen frei für Ackerbau und Monokulturen aus Palmölplantagen oder Kautschuk. Umwelt- und Nachhaltigkeitsorganisationen wie der WWF fordern deshalb, dass Wachstum weniger nach rein ökonomischen und mehr nach ökologischen Kriterien bewertet werden soll.

Abgeholzte Regenwälder in Kambodscha und Laos

Die Liste der Beispiele vom grossen Wirtschaftswachstum zu hohem Preis liesse sich in beinahe allen südostasiatischen Ländern fortsetzen. In Kambodscha wurde von 2001 bis 2014 eine Regenwaldfläche grösser als ein Drittel der Schweiz abgeholzt. Das wäre nicht möglich gewesen ohne das Einverständnis der Regierung. Ähnlich sieht es in Laos aus, wo Regenwald abgeholzt und Flüsse ohne Rücksicht auf das Ökosystem und die lokalen Flussgemeinschaften gestaut werden.

Was alle diese Länder gemeinsam haben, sind autokratische Regimes – eine Tendenz, die in ganz Südostasien Schule macht. Sie geht einher mit dem abnehmenden Einfluss des Westens und der zunehmenden Einflussnahme Chinas. Im Rahmen der Seidenstrasse-Initiative baut China in ganz Asien Häfen, Autobahnen und Flughäfen – Infrastrukturprojekte, die nicht an Kriterien der Rechtsstaatlichkeit oder Umweltverträglichkeit gebunden sind. Anders als viele Projekte, die vom Westen finanziert werden. Für die südostasiatischen Regime sind das willkommene Vorzeigeprojekte – doch auch hier steht der schnelle Erfolg und nicht die längerfristigen Probleme und Abhängigkeiten im Vordergrund. Denn die Mammutprojekte kommen nicht gratis und franko, sondern drängen immer mehr Empfängerländer in die Schuldenfalle und werden ohne Rücksicht auf die Umwelt oder die Interessen der Lokalbevölkerung durchgedrückt.

Im Süden Sri Lankas beispielsweise baute China einen Hafen. Doch die sri-lankische Regierung konnte die Kredite und Zinsen nicht mehr zurück zahlen, jetzt wurde der Hafen an China überschrieben. Der Hafen wird jetzt zu zivilen Zwecken gebraucht, könnte später jedoch auch militärisch genutzt werden.

Informationstafel in Laos für eine neue Eisenbahnstrecke für Hochgeschwindigkeitszüge: China investiert in ganz Südostasien in Infrastrukturprojekte, die Meinung der Bevölkerung spielt dabei meist keine Rolle.   © Adam Dean/NYT/Redux/laif
Informationstafel in Laos für eine neue Eisenbahnstrecke für Hochgeschwindigkeitszüge: China investiert in ganz Südostasien in Infrastrukturprojekte, die Meinung der Bevölkerung spielt dabei meist keine Rolle. © Adam Dean/NYT/Redux/laif

Chinas Macht bringt Westen ins Dilemma

China stärkt mit der Seidenstrasse-Initiative nicht nur seinen wirtschaftlichen Einfluss in der Region, sondern auch seine politische Vormachtstellung in Asien und der Welt. Westliche Länder sehen sich dabei zunehmend in einem Dilemma. Sie müssen sich fragen: Wie behalten sie ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss in Asien ohne ihre demokratischen Werte, den Schutz von Minderheiten und Menschenrechten zu verraten?

Das Beispiel Myanmar zeigt, wie gross das Dilemma ist. Mit der Machtübernahme von Aung San Suu Kyi hat der Westen wieder an Einfluss gewonnen. Doch Suu Kyi entpuppte sich nicht als die Friedensikone, zu der sie im Westen hochstilisiert worden war. Sie schaute beinahe wortlos zu, wie die burmesische Armee im vergangenen Jahr ungefähr 700 000 Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya nach Bangladesch vertrieb. Die UNO spricht von ethnischer Säuberung, doch zu einer Resolution im UNO-Sicherheitsrat kam es nicht. China drohte diese zu blockieren. Und China ist es, das bereit ist, das Vakuum zu füllen, das nun wieder in Myanmar entstanden ist. Denn noch scheint der Westen kein Rezept dafür gefunden zu haben, die Bevölkerung zu unterstützen, nicht aber ihre autoritären Herrscher.

Karin Wenger ist SRF-Südostasien-Korrespondentin und lebt in Bangkok.

DIE LÄNDER RUND UM DEN MEKONG

Vietnam

95 Millionen Einwohner
2170 Dollar BIP/Kopf
6,2 % jährliches BIP-Wachstum
76 Jahre Lebenserwartung

Laos

7 Millionen Einwohner
2339 Dollar BIP/Kopf
7% jährliches BIP-Wachstum
67 Jahre Lebenserwartung

Kambodscha

16 Millionen Einwohner
1270 Dollar BIP/Kopf
7% jährliches BIP-Wachstum
69 Jahre Lebenserwartung

Thailand

69 Millionen Einwohner
5911 Dollar BIP/Kopf
3,2% jährliches BIP-Wachstum
75 Jahre Lebenserwartung

Myanmar

53 Millionen Einwohner
1196 Dollar BIP/Kopf
5,9 % jährliches BIP-Wachstum
67 Jahre Lebenserwartung

China

1,379 Milliarden Einwohner
8123 Dollar BIP/Kopf
6,7% jährliches BIP-Wachstum
76 Jahre Lebenserwartung

Quelle: Weltbank 2016

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ENGAGEMENT UND STRATEGIE DER DEZA

ENTWICKLUNG ÜBER GRENZEN HINWEG

(cz) Kambodscha, Myanmar, Laos und Vietnam hinken den anderen sechs ASEAN-Ländern in jeder Hinsicht hinterher. Diesen Entwicklungsrückstand zu schliessen ist das Ziel der Mekong-Regionalstrategie der DEZA. Die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit blickt auf eine lange Tradition in der Mekong-Region zurück. Bereits 1968 begann die Schweiz Entwicklungsaktivitäten mit Vietnam – die formelle bilaterale Zusammenarbeit begann 1992. Als Land mit mittlerem Einkommen ist Vietnam seit 2016 nicht mehr Teil des Programms zur Armutsreduktion. 2006 eröffnete die DEZA in Laos ein Büro, von welchem aus das Regionalprogramm Mekong heute betreut wird. Seit 2013 unterhält die Schweiz zudem in Kambodscha ein Kooperationsbüro.

Die Mekong-Regionalstrategie der DEZA umfasst die Länder Kambodscha und Laos sowie regionale und länderübergreifende Projekte in Myanmar und Vietnam.

«Die Herausforderungen in Laos, Kambodscha und Myanmar sind sehr ähnlich», sagt Franziska Freiburghaus, Chefin der Abteilung Ost-Asien bei der DEZA. In allen drei Ländern sei das Gefälle zwischen arm und reich gross und Armut noch immer weit verbreitet – ganz besonders bei der ländlichen Bevölkerung und den ethnischen Minderheiten. Alle drei Länder teilen zudem eine gewalttätige Vergangenheit sowie die gemeinsame Bewirtschaftung des Mekong.

Landwirtschaft und Berufsbildung

Hauptziel der Schweiz ist es, die Armut in der Region zu reduzieren sowie eine gerechte und nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Dazu ist sie in den Bereichen lokale Gouvernanz, Landwirtschaft und Berufsbildung tätig. Neben zahlreichen nationalen Projekten trägt die DEZA auch dazu bei, dass Reform- und Entwicklungsprozesse in relevanten Anliegen regional angegangen werden. Ein Beispiel dafür ist die Unterstützung der Mekong River Commission, die sich für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Mekong einsetzt (siehe unten).

Erschwert wird die Arbeit durch den zunehmenden Einfluss Chinas und den Fokus auf die wirtschaftliche Entwicklung. «Wir müssen mit sich entdemokratisierenden Regierungen zusammenarbeiten und gleichzeitig versuchen, die Bedürfnisse der Zivilgesellschaft miteinzubeziehen», so Franziska Freiburghaus. Am ehesten gelinge das, indem man in Sektoren wie Landwirtschaft oder Berufsbildung dezentral arbeite. «Dort lassen sich politische Themen wie Bürgerbeteiligung oder Menschenrechte besser einbringen. An der Entwicklung ihres Sektors sind die zuständigen Behörden sehr stark interessiert.»


WASSERDIALOG RUND UM SÜDOSTASIENS LEBENSADER

Wasserkraft oder Fischerei? Wachstum oder Umweltschutz? Eine der grössten Herausforderungen am Mekong ist die Koordination der unterschiedlichen Interessen rund um den Fluss. Einen Beitrag dazu leistet seit 1995 die Mekong River Commission.

(cz) Der Mekong gilt als Lebensader Südostasiens. Neben Wasser für die Landwirtschaft und einer Vielzahl von Fischen liefert der Fluss seinen Anrainerstaaten auch dringend benötigten Strom durch Wasserkraft. Doch wie oft bei grenzüberschreitenden Gewässern ist der Nutzen eines Staates nicht immer auch ein Vorteil für die anderen. Und: Die übermässige Nutzung der Ressource Wasser kann zu ungewollten Nebenwirkungen führen. «Wir beobachten immer wieder, dass Staudammprojekte negative Auswirkungen auf naheliegende Gemeinden haben», sagt etwa Youk Senglong, Leiter der kambodschanischen NGO Fisheries Action Coalition Team (FACT). Die Energiegewinnung werde teuer erkauft – mit dem Massensterben von Fischen, reduzierten Sedimentablagen und der Zerstörung der Biodiversität.

Gleich oberhalb des 810 Meter langen und 2019 fertiggestellten XayaburiStaudamms in Laos entsteht in einer laotisch-koreanisch-thailändischen Partnerschaft eine neue Brücke über den Mekong.  © Dave Tacon/Polaris/laif
Gleich oberhalb des 810 Meter langen und 2019 fertiggestellten XayaburiStaudamms in Laos entsteht in einer laotisch-koreanisch-thailändischen Partnerschaft eine neue Brücke über den Mekong. © Dave Tacon/Polaris/laif

Nutzung gefährdet den Fluss

Um das zu verhindern und um die Kooperation zwischen den beteiligten Ländern zu fördern, wurde 1995 die Mekong River Commission (MRC) gegründet. In der zwischenstaatlichen Organisation haben sich die Anrainerstaaten Thailand, Vietnam, Laos und Kambodscha zusammengeschlossen, um ihre Interessen zu koordinieren. Die Kommission ermöglicht einerseits einen regelmässigen Dialog auf höchster politischer Ebene bezüglich nachhaltiger Bewirtschaftung des Mekong. Andererseits fungiert sie als Wissenszentrum, das Daten sammelt und diese den Ländern zur Verfügung stellt. So kam eine kürzlich durch die MRC veröffentlichte Studie zum Schluss, dass die Infrastrukturprojekte am Mekong nicht nur einen massiven Anteil am Wachstum der nächsten zehn Jahre haben werden, sondern auch bedeutende negative Auswirkungen auf das Ökosystem des Flusses.

«Die übermässige Nutzung des Flusses gefährdet die nachhaltige Entwicklung der Region», sagt Barbara Jäggi Hasler, stellvertretende Leiterin des Kooperationsbüros in Laos. «Am meisten betroffen sind die vulnerablen Gruppen am Rand des Mekong, die von Landwirtschaft und Fischerei leben.» Dank der MRC-Studie sei nun belegt, dass die langfristigen Auswirkungen insgesamt eher negativ sein werden – eine gute Grundlage, um Veränderungen anzustreben und sich Gedanken über alternative Energiegewinnung zu machen.

Reger Dialog, offene Konsequenzen

Die Schweiz hat die Mekong River Commission bereits zwischen 1995 und 2005 finanziell unterstützt und ist nach einer sechsjährigen Pause seit 2011 wieder an Bord. Im April setzte sie sich zusammen mit anderen Geberländern am Gipfel der Mekong-Flusskommission dafür ein, dass die betroffenen Länder die Ergebnisse der Kommissionsstudie zur Kenntnis nehmen und in ihre natio- nale Planung integrieren. Ein solcher Gipfel, an dem auch die Premierminister der vier Länder teilnehmen, findet alle vier Jahre statt. Jedes Jahr treffen sich zudem die Umweltminister und Vertreter der Geberländer zu einer Ratssitzung.

Ein weiterer Mechanismus sind die gegenseitigen Vorkonsultationen, in denen Uneinigkeiten betreffend Infrastrukturprojekte verhandelt werden. Bindend sind diese Konsultationen allerdings nicht – am Ende entscheiden die einzelnen Länder über die Konsequenzen, die sie aus der Arbeit der Kommission ziehen. Das führt auch zu Kritik.

Schweizer Einfluss

Die Schweiz ist in der von 2016 bis 2020 laufenden Phase mit 7 Millionen Franken die bedeutendste Geldgeberin der Mekong River Commission. In den vergangenen drei Jahren hatte sie zudem Einsitz in der sogenannten Trojka, welche die Interessen der Geberländer koordiniert und gegenüber dem Kommissions-Sekretariat vertritt. «Für uns ist es wichtig, dass wir über das Gremium Themen einbringen konnten, die uns wichtig und besonders relevant für eine nachhaltige Entwicklung sind», so Barbara Jäggi Hasler, stellvertretende Leiterin des Kooperationsbüros in Laos. Darunter fallen etwa die Beteiligung der Zivilgesellschaft, die Armutsreduktion oder die Gleichberechtigung der Geschlechter.

Umsetzung als Herausforderung

Youk Senglong, der sich mit seiner NGO FACT für die nachhaltige Entwicklung des Mekong einsetzt, schätzt das Engagement der Mekong River Commission und der Geberländer. Über diese könnten zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Stimme einbringen, was in Kambodscha nicht selbstverständlich ist. Und doch äussert der Aktivist auch Kritik an der Kommission: «Wir würden gerne mehr Wirkung sehen», sagt er. Es würden viele Studien erarbeitet und ihre Anliegen aufgenommen, tatsächlich passiert sei bislang aber wenig. «Damit die Kommission nicht zum Papiertiger verkommt, müssen die Regierungen die Empfehlungen umsetzen», so Youk Senglong. «Wahrscheinlich müsste man noch deutlicher machen, was die negativen Folgen der aktuellen Entwicklung sind.»

Ein Schritt in die richtige Richtung sind für Barbara Jäggi Hasler vom Kooperationsbüro in Laos die aktuellen Reformen der Mekong River Commission, welche die Schweiz mit ihrem Beitrag ermöglicht. Der operationelle Arm wurde verschlankt, und gewisse Aufgaben, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden können, wurden dezentralisiert. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, ihre finanziellen Beiträge an die MRC zu erhöhen, damit sie bis 2030 nicht mehr auf die externe Finanzierung angewiesen sind. Zudem kann die MRC seit der institutionellen Reform 2015 ihre Gelder flexibler für neue Prioritäten einsetzen, und die Geberländer können sich über das Budgetkomitee zusätzlich einbringen.

Eine komplette Reform hingegen, durch eine Neuaushandlung des «Mekong Agreements» von 1995 und mit bindenden Massnahmen, berge laut Barbara Jäggi Hasler das Risiko, dass gewisse Länder aussteigen würden. Daher setze man den Fokus auf die Implementierung des bestehenden Abkommens: «Die Wirkung bleibt so zwar ein Stück weit limitiert. In diesem Umfeld aber ist das ein realistischer Ansatz.»

Schwierige Verhandlungen um Staudammprojekt

Zwischen 2010 und 2017 fanden im Rahmen der Mekong River Commission drei Vorkonsultationen zu Staudammprojekten am Mekong statt. Bei den ersten beiden – Xayaburi und Don Sahong, beide in Laos – konnten sich die Länder am Ende der Konsultationsperiode nicht auf eine gemeinsame Schlussfolgerung einigen. Bei der dritten, die das laotische Wasserkraftprojekt Pak Beng betraf, gaben die Staaten 2017 nach dem Ende des sechsmonatigen Prozesses bekannt, dass sie einen gemeinsamen Aktionsplan erarbeiten wollen. Dieser soll Massnahmen enthalten, um die negativen Auswirkungen des Staudammprojektes zu verhindern oder abzuschwächen.


«WIR MÜSSEN UNS NEU ERFINDEN»

Anders als in Laos oder Vietnam ist in Kambodscha in den vergangenen zwanzig Jahren eine lebendige Zivilgesellschaft entstanden. Weshalb diese in Gefahr ist und wie kambodschanische Frauenförderung funktioniert, erzählt Thida Khus, Gründerin der NGO Silaka.

Interview: Christian Zeier.

Thida Khus, Sie engagieren sich seit über 20 Jahren für die Zivilgesellschaft in Kambodscha. Was hat sich in dieser Zeit verändert?

Der Schwerpunkt unserer Arbeit ist heute ein ganz anderer als zu Beginn. Vor der Gründung von Silaka 1997 haben wir Leute in Englisch und Computerfähigkeiten ausgebildet. Dann, nach den ersten Wahlen unter UNO-Aufsicht, fehlte es dem Land an personellen Ressourcen in Politik und Verwaltung. Also begannen wir mit Ausbildungskursen in guter Verwaltung und Führung.

Seit 2007 sind Sie auch im Bereich der Frauenförderung tätig.

Ja, wir trainieren Frauen, die auf Kommunalebene für politische Ämter kandidieren. Damit fördern wir die Rolle der Frauen im Entscheidungsfindungsprozess auf unterster Stufe.

Mit Erfolg?

In den ersten Jahren konnten wir den Frauenanteil in der Politik deutlich erhöhen. Aber dann stiessen wir an eine Grenze, der Anteil ging nur noch ganz leicht nach oben. Uns wurde klar: Für Frauen gibt es Hindernisse, die zu gross sind, als dass sie sich mit Weiterbildung lösen liessen. Wir müssen das politische System verändern.

Wie das?

Bei den Wahlen 2017 hat sich erneut gezeigt, dass die Unterrepräsentation der Frauen weniger ein Problem der Qualifikation ist als eines der Partei- hierarchie. Die Männer sind nicht bereit, ihre Sitze für die Frauen zu räumen. Wir müssen also sicherstellen, dass Frauen auf subnationaler Ebene eine Chance bekommen. In den letzten zehn Jahren haben wir uns für Massnahmen wie Quoten oder alternative Listen für Frauen eingesetzt. Bislang leider ohne Erfolg.

Was sind aktuell die grössten Herausforderungen für die kambodschanische Zivilgesellschaft?

Im Moment ist das politische Umfeld schwierig. Viele Menschen sprechen sich für einen Wandel aus, und die Regierung reagiert, indem sie die Arbeit der Opposition behindert und die Oppositionspartei verbietet. Das betrifft auch die Zivilgesellschaft. Viele Organisationen sind jetzt weniger aktiv. Die Strukturen sind immer noch da, und es werden weiterhin heikle Themen angesprochen. Aber man ist sehr vorsichtig geworden.

Betrifft das auch Ihre Arbeit?

Der Bereich Frauenförderung ist etwas weniger umstritten als etwa die klassischen Menschenrechtsthemen. Aber auch unsere Arbeit wird erschwert. Obwohl wir versuchen, unsere Strategien und Aktivitäten den Begebenheiten anzupassen, befinden wir uns in einer schwierigen Lage. Wer politische Beteiligung und Demokratie fördern will, wird schnell als Unterstützer der Opposition abgestempelt.

Wartende Tagelöhnerinnen vor einer Kleiderfabrik: Frauen sind in Kambodscha noch in vielen Bereichen benachteiligt, manche werden gar ausgebeutet. © Fernando Moleres/laif
Wartende Tagelöhnerinnen vor einer Kleiderfabrik: Frauen sind in Kambodscha noch in vielen Bereichen benachteiligt, manche werden gar ausgebeutet. © Fernando Moleres/laif

Wie steht Kambodscha im regionalen Vergleich da?

Vietnam und Laos haben keine starken Zivilgesellschaften, in Myanmar ist sie erst am entstehen und Thailand wird von einem Militärregime geführt. Wir in Kambodscha waren lange stolz auf unsere lebendige Zivilgesellschaft. Nach dem Pariser Friedensvertrag von 1991 wurden grundlegende Werte wie die Einhaltung der Menschenrechte oder das Mehrparteiensystem in unserer Verfassung verankert. Damals war auch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft riesig. Jetzt haben wir eine andere Situation. Wir müssen uns neu erfinden.

Wie sieht das konkret aus?

Es gibt Anschuldigungen, dass wir aus dem Ausland finanziert sind und daher nicht die Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger, sondern eine westliche Agenda vertreten. Wir denken nicht, dass das der Fall ist. Aber wir müssen dennoch einen Weg finden, um möglichst unabhängig von ausländischen Geldern zu werden.

Es gibt Geberländer, die ihre Zahlungen wegen der Unterdrückung der Opposition gestoppt haben. Ist das ein sinnvoller Weg?

Grundsätzlich denke ich, dass sie ihre Investitionen in unser Land und unsere Bürgerinnen und Bürger fortsetzen sollten. Die Frage ist, in welchen Bereichen. Natürlich ist es für uns eine grosse Herausforderung, wenn internationale Gelder gestrichen werden. Aber es kann auch eine Chance sein, weil sich die Regierung Gedanken machen muss, wie sie unsere Arbeit mit ihrem eigenen Budget unterstützen kann.

Gibt es in der Mekong-Region eine länderübergreifende Zusammenarbeit der NGOs?

Am Asia-Europe People's Forum kommen wir einmal im Jahr zusammen und tauschen Informationen aus. In gewissen Bereichen wie etwa dem Menschenhandel wird auch das Jahr hindurch gut zusammengearbeitet. Heikle Themen hingegen können wir nicht offen diskutieren.

Weshalb?

Wir sind freier in der Meinungsäusserung als die Organisationen aus Laos oder Vietnam. Im Gegensatz zu ihnen können wir über Themen wie Demokratie, Menschenrechte oder das Multiparteiensystem sprechen.

Befürchten Sie, dass sich die Lage der kambodschanischen Zivilgesellschaft derjenigen in Vietnam oder Laos annähern könnte?

Das ist gut möglich. Ich denke, wir befinden uns an einem Scheideweg. Was mir Hoffnung gibt, ist, dass es in Kambodscha sehr viele junge Menschen gibt, die an freies Denken und Handeln gewohnt sind. Die Menschen hier kennen ihre Rechte. Ihnen diese wieder wegzunehmen, ist sehr schwierig

THIDA KHUS blickt auf über zwanzig Jahre Erfahrung in der operativen Führung von zivilgesellschaftlichen Organisationen zurück. In den USA war sie im Sozialbereich tätig. In Kambodscha gründete sie 1997 die NGO Silaka, die sich für eine demokratische und nachhaltige Gesellschaft sowie insbesondere für die Förderung von Frauen in der Politik einsetzt. Im Vorstand von Social Watch International und LDC Watch International engagierte Thida Khus sich für die Einhaltung der Menschenrechte. Seit 2006 ist sie Generalsekretärin des Komitees zur Förderung von Frauen in der Politik in Kambodscha.

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LAOS - KEINE KOOPERATION OHNE REGIERUNG

In einer Region, in der zivilgesellschaftliches Engagement ohnehin erschwert ist, hinkt Laos zusätzlich hinterher. Ein von der Schweiz unterstütztes Projekt soll dies ändern – indem es unter Einbezug des autoritären Regimes Bürgerengagement und Rechtstaatlichkeit stärkt.

(cz) Laos ist ein schwieriges Pflaster für lokale NGOs. Im bevölkerungsärmsten Land der Mekong-Region ist die organisierte Zivilgesellschaft sehr schwach ausgeprägt – schwächer noch als in Kambodscha, Myanmar oder Vietnam. Erst 2009 hat die laotische Regierung den rechtlichen Rahmen zur Anerkennung und Regulierung lokaler NGOs geschaffen. In den darauffolgenden Jahren nahm die Zahl der zivilgesellschaftlichen Organisationen zu, und es kam zu einer Art Aufbruchsstimmung.

Lokale NGOs wie Menschenrechtsgruppen oder Gewerkschaften haben in Laos einen schwierigen Stand: Ein Entwicklungsprojekt zielt deshalb darauf ab, zivilgesellschaftlichen Organisationen mehr Spielraum einzuräumen.    © Josef Polleross/NYT/Redux/laif
Lokale NGOs wie Menschenrechtsgruppen oder Gewerkschaften haben in Laos einen schwierigen Stand: Ein Entwicklungsprojekt zielt deshalb darauf ab, zivilgesellschaftlichen Organisationen mehr Spielraum einzuräumen. © Josef Polleross/NYT/Redux/laif

Diese Entwicklung gipfelte 2012 im Asia-Europe People's Forum, einem internationalen Treffen von Nichtregierungsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Akteuren, das erstmals in Vientiane durchgeführt wurde. Bei der Veranstaltung wurden unter anderem Themen wie Menschenrechte oder Umweltgerechtigkeit angesprochen – ein Schritt zuviel für die autoritär regierende Einheitspartei. Im Nachzug des Forums verschwand einer der bekanntesten Aktivisten des Landes spurlos, und die Landesverantwortliche der Schweizer NGO Helvetas musste innert 48 Stunden das Land verlassen. Es kam zu verstärkten Restriktionen sowie Einschüchterungen und Drohungen gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisa- tionen. Diese verzichteten in der Folge auf eine offizielle Registrierung oder stellten ihren Betrieb ein.

Dialog trotz Widrigkeiten

«Nach den Ereignissen von 2012 ist der Raum für zivilgesellschaftliches Engagement geschrumpft», sagt Nithsa Vongphanakhone vom Kooperationsbüro in Vientiane. Seit 2015 sei die Lage zumindest nicht schlimmer geworden. Obschon die Bedingungen für die zivilgesellschaftlichen Organisationen sehr restriktiv seien, sei es daher wichtig, dass die Schweiz ihr Engagement für die Zivilgesellschaft beibehalte und dazu parallel weiter den Dialog mit der Regierung suche.

Ein Programm, das genau dies versucht, ist das CEGGA-Projekt, welches Ende 2017 im Rahmen des European Joint Programming von der DEZA, der EU und Deutschland in Kooperation mit der laotischen Regierung lanciert wurde. CEGGA ist die englische Abkürzung für Bürgerengagement für gute Regierungsführung, Rechenschaftspflicht und Rechtsstaatlichkeit. Der Fokus des Programms liegt auf der Stärkung der Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen im Entwicklungsprozess. Daneben sollen auch die Repräsentations-, Gesetzgebungs- und Aufsichtsfunktion der laotischen Nationalversammlung verbessert sowie die Rechtstaatlichkeit und die Umsetzung der Menschenrechte gefördert werden.

Bis voraussichtlich 2020 investiert die DEZA etwas über fünf Millionen Franken in das Projekt, umgesetzt wird es von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ. Seit dem Programmstart Ende 2017 ist diese hauptsächlich mit der Ausarbeitung des Projektes in Zusammenarbeit mit den Behörden beschäftigt. In einer kommenden Phase sollen dann unter anderem lokale NGOs direkt vom Programm profitieren können, indem sie sich etwa mit Projektaktivitäten für kleinere Zuschüsse bewerben können oder an Kapazitätsbildungsmassnahmen teilnehmen.

Nicht ohne die Regierung

Mit einem Projekt zur Unterstützung der Zivilgesellschaft in Laos hat die DEZA bereits von 2011 bis 2016 Erfahrungen gesammelt. Eine der Haupterkenntnisse aus dieser Zeit ist, dass sich die Wirkung im Verbund mit grösseren Partnern wie der EU oder Deutschland deutlich erhöhen lässt. Diese Einsicht wird nun im Rahmen von CEGGA umgesetzt – ebenso wie der Umstand, dass die Regierung bei der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisatio- nen einbezogen werden muss. Für die lokalen NGOs in Laos ist das Alltag: Um Projekte realisieren zu können, müssen sie sich von den Behörden registrieren und kontrollieren lassen. Die Zivilgesellschaft wird weitgehend von der Regierung gemanagt.

Vertreterinnen und Vertreter lokaler NGOs sprechen denn auch nur vorsichtig über die behördlichen Einschränkungen und möchten aus Angst vor Repressionen nicht namentlich genannt werden. CEGGA ist für sie in erster Linie eine Möglichkeit, die Finanzierung ihrer Aktivitäten und Projekte sicherzustellen. Besonders für kleinere Organisationen in Laos sei es sehr schwierig, an Geld zu kommen. CEGGA, so die Hoffnung, könne diese Situation etwas verbessern.

Zeichen des Fortschritts

Die DEZA und ihre Partner hoffen, dass sich im Rahmen des Projekts wieder mehr zivilgesellschaftliche Organisationen registrieren werden. Oder zumindest, dass die bestehenden wieder voll funktionstüchtig werden. In einem solch schwierigen Umfeld wie in Laos sei ein Abkommen, in dessen Namen «Bürgerengagement» verankert sei, bereits eine Errungenschaft, sagt Nithsa Vongphanakhone. Es sei ein Zeichen für die zunehmende Offenheit des Landes gegenüber zivilgesellschaftlichem Engagement. Das CEGGA Projekt zeige auf, dass die Regierung bereit sei, ihren Verpflichtungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte nachzukommen, so die DEZA-Mitarbeiterin: «Als Entwicklungspartner ist es unsere Aufgabe, sie darin zu ermutigen und sie zum Wohle der Zivilgesellschaft zu unterstützen.»

Zusätzliche Restriktionen

Seit Jahren übt die laotische Regierung eine starke Kontrolle über die zivilgesellschaftlichen Organisationen des Landes aus. Mit einem Ende 2017 verabschiedeten neuen Gesetz wird diese zusätzlich verstärkt. So muss die Regierung nun der Gründung einer Organisation zustimmen, sie segnet einzelne Projekte ab und überwacht die Finanzierung. Ein Gesetzesartikel hält fest, dass die Organisationen ihr Recht auf Freiheit nicht missbrauchen und keine Aktivitäten durchführen dürfen, welche die nationale Sicherheit oder die Gesellschaftsordnung gefährden. Missachtet eine Organisation das Gesetz, kann sie vom Innenministerium «diszipliniert» werden.


FACTS & FIGURES

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