Das DEZA-Magazin für
Entwicklung und Zusammenarbeit
DEZA
Ausgabe: 04/2023

Von Büchern über Musik, Veranstaltungen, Filmen bis zu Aus- und Weiterbildungen: Tipps und Wissenswertes für alle.

Wege der Kunst

© Rainer Wolfsberger
© Rainer Wolfsberger

(bf) Das Museum Rietberg in Zürich ist eines der renommiertesten Museen für aussereuropäische Kunst in Europa und setzt sich in einem umfangreichen Ausstellungsprojekt mit der durchaus ambivalenten Geschichte der eigenen Sammlung auseinander. Seit 1952 vereint das Museum einzigartige Kunst unterschiedlichster Kulturen der Welt an einem Ort. Doch wie und auf welchen Wegen sind die Objekte ins Museum gekommen? Welche materiellen Veränderungen und Bedeutungsverschiebungen haben sie im Verlauf ihrer Reise erfahren? Die Ausstellung «Wege der Kunst» spürt diesen Wegen nach und zeigt anhand von rund 20 Stationen auf, wer an den Erwerbungen und am Handel beteiligt war und in wessen Besitz sich die Werke befanden, bevor sie ins Museum gelangten. Im Fokus stehen somit die Herkunftsgeschichten der Objekte. Eng mit den Objektbiografien verbunden sind die vielschichtigen Begegnungen und Beziehungen zwischen Menschen, Institutionen und Ländern, die im Rahmen der Ausstellung näher beleuchtet werden. Die Ausstellung sowie das parallel dazu veröffentlichte illustrierte Lesebuch «Wege der Kunst» bieten einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte um den Status und die Bedeutung nichtwestlicher Kunst im Globalen Norden.

«Wege der Kunst»; Ausstellung im Museum Rietberg Zürich bis März 2024; Buch im Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich 2023

Filme

Konkret, selbstverantwortlich, optimistisch

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(ca) Der Dokumentarfilm «Kiss The Ground» zeigt auf, dass unsere Böden das Potenzial haben, das Klima der Erde und deren Ökosystem wieder zu stabilisieren oder gar wiederherzustellen. Der Schauspieler und Umweltaktivist Woody Harrelson geht in Gesprächen mit Akteurinnen und Akteuren aus Land- und Viehwirtschaft, Naturwissenschaft, von Umweltverbänden oder aus der Film- und Medienbranche der Frage nach, wie die Kohlenstoffreduktion in der Atmosphäre und die Speicherung von Kohlenstoff im Boden gelingen können. «Kiss The Ground» verfolgt einen optimistischen Ansatz und verbreitet die Botschaft, dass jede und jeder Einzelne dazu beitragen kann, die Regeneration der Ökosysteme zu fördern und Klimaschäden einzudämmen. Der Schlüssel dazu ist der Boden mit seinen mannigfaltigen Funktionen. Der Film führt nicht nur inhaltlich ins Thema ein, sondern er beleuchtet vor allem auch die Dringlichkeit zum Handeln.

«Kiss the Ground» von Woody Harrelson

Speed-Dating in Sarajevo

© trigon-film
© trigon-film

(wr) Die Geschichte, welche die nordmazedonische Filmemacherin Teona Strugar Mitevska in «The Happiest Man in the World» erzählt, geht auf eine reale Erfahrung der bosnischen Drehbuchautorin Elma Tataragi zurück, die während der Belagerung Sarajevos Opfer eines Anschlags geworden war und viele Jahre später zufällig dem damaligen Täter begegnete. Erfahren, begegnen, erkennen, verarbeiten? Wie soll man das filmisch umsetzen? Die beiden haben sich für das kurlige Setting eines Speed-Datings entschieden, und das bietet ideale Voraussetzungen für Begegnungen mit Sprengpotenzial. Zwei freundliche Moderatorinnen in Leopardenkleidern empfangen Männer und Frauen, die sich auf der Suche nach Liebe eingefunden haben. Unter ihnen Asja und Zoran. Bald wird klar: Es gibt in diesem Raum keine Sicherheit, in keinem Moment. Jeder Augenblick birgt neue Überraschungen. Teil der fliessenden Inszenierung von Strugar Mitevska ist die mitspielende Kamera, die jedes Wimpernzucken sichtbar macht und mitwirkt am Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Muss man erwähnen, dass der Film angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine aktueller denn je ist?

«The Happiest Man in the World» von Teona Strugar Mitevska; die DVD mit dem Film (OV/d/f/i) ist erschienen in der Edition trigon-film und enthält als Bonus auch ein Gespräch mit der Regisseurin.

Zum hören

DEZA-Podcast

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(bf) Der DEZA-Podcast «A Plus For Humanity» – Ein Plus für Menschlichkeit – erscheint monatlich zu unterschiedlichen Themen der internationalen Zusammenarbeit und der humanitären Hilfe. Zu Wort kommen Expertinnen und Experten der DEZA, von Partnerländern und Partnerorganisationen sowie Menschen vor Ort. Sie berichten über ihre Projekte und geben Einblick in das Leben der Menschen vor Ort. «Türkei: Die Schweiz sorgt für Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen nach dem Erdbeben», «Burkina Faso: Schule als Zufluchtsort und Weg aus der Krise», «Wasserschloss Tajikistan» oder «Das mongolische Kartoffelprojekt: Die Saat geht auf» sind nur einige der ebenso spannenden wie vielfältigen Podcast-Themen der letzten Monate.

Bücher

Widersprüchlich und abgründig

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(bf) Seyoum ist Schleuser an der Küste Libyens und schickt Menschen, die den Weg durch die Sahara geschafft haben, aufs offene Meer in Richtung Italien, von denen aber nur wenige das Ziel Lampedusa erreichen. Angst, Selbstekel und seine Erinnerungen an seine eigene Flucht aus Eritrea, seine durch das Regime zerstörte Familie, seine Gefangenschaft und seine Jugendliebe Madiha sind dabei seine ständigen Begleiter. Zunehmend bedrängt durch Konkurrenten, die ihm das lukrative Geschäft mit Menschenleben streitig machen und Konflikte mit der Küstenwache beschliesst Seyoum, nur noch eine letzte Überfahrt zu organisieren. Als er unter den Geflüchteten Madiha erkennt, entscheidet er sich, selbst mit an Bord des letzten Bootes zu gehen. Die in Senegal und Dschibuti aufgewachsene Schriftstellerin Stéphanie Coste gibt in ihrem Debütroman «Der Schleuser» tiefe Einblicke in das unmenschliche «System von Flucht» und die damit zusammenhängenden Widersprüchlichkeiten und Abgründe. Gleichzeitig erzählt die Geschichte schnörkel- und gnadenlos direkt, was von der Menschlichkeit bleibt, wenn man alles verloren hat.

«Der Schleuser» von Stéphanie Coste; Austernbank Verlag München 2023

Schreiend und tanzend

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(bf) Das fiktive Land heisst Jidada, ist bevölkert von vermenschlichten Tieren und seit vierzig Jahren beherrscht vom Stärksten unter ihnen. Einst brachte dieser die Unabhängigkeit auf den afrikanischen Kontinent, zerschlug die Fesseln der Geschichte, bloss um ihnen prompt andere anzulegen. Doch nun mehren sich die Zeichen, dass seine Kräfte schwinden, weshalb in Jidada Hoffnung einkehrt: auf eine gerechtere Zukunft, auf Wohlstand und Veränderung, endlich ein besseres Leben für alle. Aber das Regime wehrt sich mit Waffen härter als Räume, schärfer als Fantasie, tödlicher als blanke Lebensfreude, bis eine Heimkehrerin aus dem Exil alles verändert. «Glory» ist der zweite Roman der simbabwischen Autorin NoViolet Bulawayo. Diesen Namen hat sich die Autorin, deren Geburtsnamen eigentlich Elizabeth Zandile Tsheele ist, selber gegeben – zu Ehren und in Anlehnung an ihre Mutter Violet und an ihre Geburtsstadt Bulawayo. «Glory» handelt vom kolonialen Erbe ihres Heimatlandes. Das Buch wird mit Literaturpreisen überhäuft. Geschrieben in einer Sprache, die singt und tanzt, springt und schreit, erzählt Bulawayo dabei ebenso eindrücklich wie faszinierend Geschichten über eine Gemeinschaft im Kampf gegen die Repression und gleichzeitig über Freiheit, Glanz und Schönheit, Horror und Schmerz.

«Glory» von NoViolet Bulawayo; Suhrkamp Berlin 2023

Anders als gedacht

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(bf) Seit dreissig Jahren erzählt Mia Couto – er gehört zu den herausragenden Schriftstellern des portugiesischsprachigen Afrika – in seinen Werken von der Geschichte und den unausgesprochenen Geschichten Mosambiks. So auch in seinem neuesten Buch «Der Kartograf des Vergessens». Der von allen verehrte Dichter Diogo Santiago kehrt in seine Heimatstadt Beira zurück. Als er Einsicht in alte Akten der Geheimpolizei erhält gerät seine bis anhin glamouröse Welt ins Wanken. Während der Zyklon Idai drohend über Beira aufzieht, stürzen neue Wahrheiten auf Santiago ein. Sein Vater, auch er war Poet, versuchte im Geheimen die Verbrechen der Kolonialtruppen zu dokumentieren. Sein Cousin, der eines Tages spurlos verschwand, war nie der, für den ihn alle hielten. Und was steckt hinter der tragischen Legende des schwarzen Jungen und des weissen Mädchens, die den Tod wählten, weil ihre Liebe verboten war? Die junge Frau, mit der sich Diogo Santiago rätselhaft verbunden fühlt, scheint Teil dieser Geschichten zu sein. Gemeinsam gehen sie auf die Suche nach Antworten, die unter dem Tosen des hereinbrechenden Sturms alle Gewissheiten vernichten. Mia Couto verknüpft in dem Roman kunstvoll Vergangenheit und Gegenwart und lässt seine Figuren in einem ganz eigenwilligen Rhythmus Wahrheit, Widersprüche und Konflikte ergründen.

«Der Kartograf des Vergessens» von Mia Couto; Unionsverlag Zürich 2023

Schöne Engelstöchter

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(bf) «Es war einmal...» – so beginnen auch afrikanische Märchen. Auf Kisuaheli, einer afrikanischen Sprache klingt das so: «Hapo zamani zakalee...» Viele afrikanische Märchen sind – genau wie die hiesigen – jahrhundertealt. Manche sind skurril, andere verwegen oder mystisch und wieder andere sehr exotisch. Sie handeln von Waldgeistern und Krokodilmännern, mächtigen Zauberern und schönen Engelstöchtern, von Schicksalen und reinen Herzen, von gefrässigen Schakalen und Hyänen oder von tapferen Löwen und Antilopen, von Stärke und Weisheit, von Familien und Heiligen, Nussdieben, Geistern und Dämonen, Prinzessinnen und uralten Königreichen – afrikanische Märchen erzählen ebenso wunderbare wie wundersame Geschichten. Das Buch «Die schönsten Märchen aus Afrika» vereint viele von ihnen zwischen zwei Buchdeckeln. Sie stammen aus Äquatorialguinea, aus dem Sudan, aus Kongo, Benin, Südafrika, Nigeria, Äthiopien, Dschibuti und vielen weiteren afrikanischen Ländern.

«Die schönsten Märchen aus Afrika»; Reclam Verlag 2023

Weiterbildung

Nachdiplome

Das «Nadel – Center for Development and Cooperation» der ETH Zürich bietet im Frühlingssemester 2024 folgende Weiterbildungskurse an:

  • Planning and Monitoring of Projects (12.-16.02.)

  • Towards Food and Nutrition Security (26.02.-01.03.)

  • Mediation Process Design: Supporting Dialogue and Negotiation (04.-08.03.)

  • Evaluation of Projects and Programmes (11.-15.03.)

  • Contemporary Development Debate (18.-19.03.)

  • Leveraging Private Impact Investors in Development Cooperation (20.-22.03.)

  • Climate Change and Development (08.-12.04.)

  • Market Systems Development (MSD) to Reduce Poverty (22.-26.04.)

  • Resilience Building for International Development Placements (06.-07.05.)

  • Design Thinking for Sustainable Development (13.-15.05.)

  • Foundation of Leading Change (23.-24.05.)

  • Fragile Contexts – the Nexus between Humanitarian Aid, Peace and Development (25.-31.05.)

  • Finance for the 2030 Goals and the Climate Emergency (03.-05.06.)

  • Natural Resource Governance and Development: Policies and Practice (10. -21.06.)

Verschiedenes

EDA-Spezialistinnen und Spezialisten kommen zu Ihnen

Möchten Sie sich aus erster Hand über die Schweizer Aussenpolitik informieren? Referentinnen und Referenten des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) stehen Schulklassen, Verbänden und Institutionen für Vorträge und Diskussionen zu zahlreichen aussenpolitischen Themen zur Verfügung. Der Vortragsdienst ist kostenlos, kann seine Dienstleistungen jedoch nur innerhalb der Schweiz anbieten, und es sollten mindestens 30 Personen an der Veranstaltung teilnehmen.

Informationen
Vortragsservice, Kommunikation EDA
Bundeshaus West, 3003 Bern
Tel. 058 462 31 53, Mail:
vortragsservice@eda.admin.ch

Fernsucht

Frauen und Identität

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Die schweizerisch-kosovarische Filmemacherin und Drehbuchautorin Elena Avdija leuchtet in ihren Dokumentarfilmen Identitätsbildung und geschlechtsspezifische Gewalt aus.

Ich bin im Kosovo geboren und als Zweijährige in den Jura nach Delsberg gekommen. Als Unabhängigkeitsaktivist konnte mein Vater nicht länger in seinem Land arbeiten, kam Ende der 1980er Jahre per Autostopp in die Schweiz, wurde als Flüchtling anerkannt und liess seine Familie nachkommen. «Wer sind wir in dieser Welt?» und «Wo positionieren wir uns?» sind Fragen, die meine Jugendzeit prägten, wie das wohl bei allen Einwandererkindern der Fall war. Die Suche nach der Identität kommt in meinem Kurzfilm «D’ici ou de là-bas?» (Von hier oder von dort?) zum Ausdruck. Er porträtiert vier junge Erwachsene kosovarischer Herkunft, die in der Schweiz aufgewachsen sind, um den Bezug zur Sprache, das Weiterreichen von Erinnerungen und die Geldsorgen der Diaspora zu ergründen. Die Wirtschaft im Kosovo ist ausgesprochen fragil. Die Leute müssen sich durchbeissen und zum Überleben eine hohe Kreativität an den Tag legen. Diesen erschwerenden Umständen ist eine äusserst produktive Künstlergeneration entsprungen: künstlerische Rebellion als Lebensnotwendigkeit, quasi. Besonders schätze ich die bildende Künstlerin Kaltrina Rrustemi. Ihre persönliche und intime Arbeit berührt mich direkt und ruft in mir das komplexe Zugehörigkeitsgefühl zum einen und zum andern Land hervor, mit dem Diasporaangehörige konfrontiert sind. Ausserdem sind an den internationalen Filmfestivals zurzeit viele kosovarische Filmemacherinnen zu sehen, darunter Blerta Zeqiri und ihre Schwester Lendita Zeqiraj. Zeqiri widmet sich Verschollenen und Fragen zu LGBT-Rechten, Zeqiraj der Gewalt an Frauen. Sexistische und sexuelle Gewalt interessieren mich als Feministin ebenfalls. Um sie geht es in meinem Langfilm «Cascadeuses» (Stuntwomen) von 2022.

(Aufgezeichnet von Zélie Schaller)

Kommen Sie mit. Ab April 2024 finden Sie alle Geschichten rund um die Humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz auf deza.admin.ch/geschichten.

Wir freuen uns auf ihren Besuch.
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