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DEZA
Ausgabe: 04/2023

Nachrichten aus aller Welt

Gerechtere Landwirtschaft

© Sergi Reboredo/VWPics/Redux/laif
© Sergi Reboredo/VWPics/Redux/laif

(zs) Hätten die Bäuerinnen dieselben Rechte wie die Bauern, könnten sie das weltweite Bruttoinlandsprodukt um rund 1000 Milliarden Dollar steigern und die Zahl der von Ernährungsunsicherheit betroffenen Menschen um 45 Millionen Menschen senken. Diese Schlüsse zieht eine aktuelle Studie der UNO-Welternährungsorganisation (FAO). Sie hebt hervor, dass Frauen oft mit schlechteren Arbeitsbedingungen konfrontiert sind als Männer. Sie haben weniger Chancen, Land zu besitzen, einen Kredit sowie Zugang zu Bildung und neuen Technologien zu erhalten. Überdies sind ihre Löhne niedriger. Diese Diskriminierungen ziehen eine Produktionslücke von 24 Prozent nach sich, wobei in vielen Ländern ausgerechnet die Landwirtschaft die wichtigste Quelle für den Lebensunterhalt von Frauen ist. FAO-Generaldirektor Qu Dongyu betont: «Wenn wir den endemischen Geschlechterungleichheiten in den Agrar- und Ernährungssystemen zu Leibe rücken und Frauen befähigen, unabhängiger zu werden, werden wir einen grossen Schritt in Richtung der Ziele der Armutsbeseitigung und einer Welt ohne Hunger machen.»

Ghana gegen die Kleiderflut

(sam) Die Nichtregierungsorganisation OR Foundation in Ghana hat unter dem Namen «No More Fast-Fashion» ein Labor für Altkleider aufgebaut, um eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Das westafrikanische Land kämpft zunehmend mit Bergen von Altkleidern, die aus Europa und den USA nach Ghana transportiert werden. Ghana ist derzeit der grösste Kleiderimporteur der Welt: Rund 15 Millionen Kleidungsstücke kommen wöchentlich am Hafen der Hauptstadt Accra an. Durch die zunehmende Billigmode sind viele davon bereits unbrauchbar und landen im Meer oder an den Stränden. Dem will die «OR Foundation» entgegenwirken, indem sie Kleidung von den Importeuren kauft und in einem Labor zu anderen nützlichen Materialen verarbeitet. Allein dadurch würden mehrere hundert Kilogramm pro Monat vor der offenen Deponierung bewahrt. Gleichzeitig ermöglicht das Labor Arbeitsplätze für Strassenhändlerinnen, Schneiderinnen oder Studenten. Die Organisation ist auch Mitinitiantin der Stop Waste Colonialism Campaign, die für eine faire Kreislaufwirtschaft lobbyiert.

©  Seth/Xinhua News Agency/eyevine/laif
© Seth/Xinhua News Agency/eyevine/laif

Mehr Bäume auf Afrikas Äckern

(sam) Rund jeder dritte Baum in Afrika steht ausserhalb von Wäldern, also zum Beispiel auf Acker- und Grünflächen. Das zeigt ein internationales Forscherteam von der Universität Kopenhagen. In einem Langzeitprojekt hat dieses mithilfe von künstlicher Intelligenz Satellitendaten neu ausgewertet. Die Computer wurden so programmiert, dass sie ab einer gewissen Grösse einzelne Bäume auf Satellitenbildern erkennen können, was bisher nicht möglich war. Langfristiges Ziel des Projekts ist es, eine globale Datenbank von Bäumen zu erstellen, die ausserhalb zusammenhängender Wälder wachsen. Bisher scheiterte das an zu teuren Geräten, an unterschiedlichen Definitionen von «Wald» oder an den verschiedenen Messarten. Die Methode hat laut den Forschern das Potenzial, die Auswirkungen der Landnutzung ausserhalb von Wäldern neu zu untersuchen und Grundlagen für «natürliche Klimalösungen» zu schaffen. Eine ist die Agroforstwirtschaft, bei der Bäume auf und um Ackerflächen gepflanzt werden.

© Godong/robertharding/laif
© Godong/robertharding/laif

Zunehmende Blitzdürren

(zs) Neben den klassischen Dürren gibt es immer mehr Blitzdürren. Die Klimaerwärmung verstärkt nicht nur die Dürren, sondern lässt sie laut einer in «Science» veröffentlichten Studie auch unvermittelter auftreten. Solche blitzartigen Dürren könnten immer häufiger vorkommen – sie werden durch ein Niederschlagsdefizit verursacht, welches mit einer ungewöhnlich hohen Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit infolge der Hitze gekoppelt ist. Im Gegensatz zu den sich relativ langsam entwickelnden herkömmlichen Dürren entstehen sie innert weniger Wochen. Sie fallen zwar kürzer aus, sind aber nicht weniger gefährlich, da sie schwerer vorherzusagen sind. Zudem sind sie für Flora und Fauna sehr belastend: Sie haben keine Zeit, sich an den plötzlichen Wassermangel anzupassen. Dies kann einen raschen Einbruch der Ökosystemproduktivität nach sich ziehen und andere extreme Wetterphänomene wie etwa Waldbrände provozieren. Das Forschungsteam der Universitäten von Nanjing (China) und Southampton (Grossbritannien) betont, dass die Lösung darin bestehe, den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren.

© Dmitry Kostyukov/NYT/laif
© Dmitry Kostyukov/NYT/laif

Kooperation für eine umkämpfte Ressource

(sch) Weltweit wird die Nutzung von Wasserkraft ausgebaut, um die wachsende Nachfrage nach Strom abzudecken. Meist haben Staudammprojekte jedoch negative Auswirkungen auf die Ökosysteme entlang der betroffenen Flussläufe. Deshalb entwickelt eine Forschungsgruppe um den Hydrologen Paolo Burlando an der ETH Zürich mathematische Modelle für die integrierte und partizipative Bewirtschaftung von Wasserressourcen. Durch die Simulation von Szenarien sollen Zielkonflikte zwischen Naturschutz, Energieproduktion, Wirtschaftlichkeit und Wasserverfügbarkeit für die Landwirtschaft reduziert werden. Im Rahmen des EU-Projekts «DAFNE» wurden die Modelle gemeinsam mit 13 Forschungspartnern aus Europa und Afrika sowie Behörden und Kraftwerkbetreibern an zwei konkreten Fallbeispielen getestet: dem Wassereinzugsgebiet des Sambesi im südlichen Afrika und demjenigen des Flusses Omo zwischen Äthiopien und Kenia. Im Fall des Sambesi konnten die Forschenden zeigen, dass allein durch eine bessere Koordination der Staudammbetreiber über nationale Grenzen hinweg die Stromproduktion um 20 Prozent erhöht werden könnte – und dies ohne zusätzliche negative Auswirkungen auf die Ökosysteme.

© Michael Runke/robertharding/laif
© Michael Runke/robertharding/laif

Fernsicht mit Miguel Morales Madrigal (Kuba)

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Ruf nach mehr Frauen in UNO-Toppositionen

(sch) Die Kritik daran, dass die UNO von Männern dominiert wird, ist nicht neu. Doch aussagekräftige Zahlen dazu fehlten bislang. Ehemalige Direktorinnen von multilateralen Organisationen haben deshalb im Juli einen Bericht der Gruppe «GWL Voices» über die Führungsrolle von Frauen im multilateralen System veröffentlicht. Seit 1945 wurden 33 der wichtigsten multilateralen Institutionen – darunter die Weltbank Gruppe, das UNO-Generalsekretariat, die WHO und die Internationale Energieagentur – nur während 12 Prozent der Zeit von Frauen geleitet. 13 dieser Organisationen, darunter die vier grössten Entwicklungsbanken, wurden noch nie von einer Frau geführt. Trotz Fortschritten in den letzten Jahren stehen auch heute nur bei einem Drittel der 33 analysierten Organisationen Frauen an der Spitze. Der Bericht zeigt: Obschon die meisten multilateralen Institutionen heute «Gender Equality» fordern und dafür Regelwerke erstellt haben, wird sie in den eigenen Organisationen oft noch nicht gelebt.

Subventionierte Umweltzerstörung

(sch) Expertinnen und Experten der Weltbank haben für den über 300-seitigen Bericht «Detox Development» das globale Ausmass von umweltschädlichen Subventionen analysiert. Die Ergebnisse sind erschreckend: Die expliziten und impliziten Subventionen für fossile Brennstoffe, Landwirtschaft und Fischerei belaufen sich auf mehr als 7 Billionen US-Dollar pro Jahr, was etwa 8 Prozent des weltweiten BIP entspricht. Regierungen geben bis heute Billionen für ineffiziente Subventionen aus, welche die Klimakrise verschlimmern – Geld, das für Klimalösungen eingesetzt werden müsste. Der Verbrauch fossiler Brennstoffe wird mit sechsmal mehr Geld subventioniert, als im Rahmen des Pariser Abkommens zur Bekämpfung der globalen Erhitzung zugesagt wurde. Die Subventionen für fossile Treibstoffe sind heute doppelt so hoch wie diejenigen für erneuerbare Energien. Schädliche Agrarsubventionen führen jährlich zum Verlust von 2.2 Millionen Hektar Wald; 14 Prozent der weltweiten Entwaldung. Fischereisubventionen von jährlich über 35 Milliarden US-Dollar sind eine der Hauptursachen für überdimensionierte Fischereiflotten und schwindende Fischbestände. Der Bericht zeigt auch, wie Subventionen zugunsten der Armutsreduktion und des Umweltschutzes reformiert werden könnten.

Humanitäre Hilfe nötiger denn je

(sch) Laut dem «Global Humanitarian Assistance Report 2023» waren noch nie so viele Krisen unterfinanziert wie 2022, obschon die Staatengemeinschaft mit 46.9 Milliarden US-Dollar ein Viertel mehr in die internationale humanitäre Hilfe investierte als ein Jahr zuvor. Gleichzeitig stieg jedoch die Anzahl Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen waren, fast um ein Drittel. Doppelt so viele Menschen waren 2022 von Ernährungsunsicherheit betroffen als drei Jahre zuvor, was vor allem auf den Krieg in der Ukraine und eine Ernährungskrise am Horn von Afrika zurückzuführen ist. Am meisten humanitäre Hilfe erhielt im Jahr 2022 die Ukraine (4.4 Mia. US-Dollar). Jeweils mehr als 2 Mia. US-Dollar flossen nach Afghanistan, Jemen, Syrien und Äthiopien. Die USA waren 2022 mit 15 Milliarden US-Dollar der weitaus grösste öffentliche Geldgeber, gefolgt von Deutschland (5.3 Mia.) und der EU (4.1 Mia.). Nur 1.2 Prozent der Gelder ging direkt an nationale oder lokale Akteure – trotz Anstrengungen zur stärkeren Lokalisierung der humanitären Hilfe.

© Alessio Mamo / Guardian / eyevine/laif
© Alessio Mamo / Guardian / eyevine/laif

Zehn neue Biosphärenreservate

(zs) Die UNESCO hat zehn neue Biosphärenreservate ernannt. Ausser einem in Deutschland befinden sich alle im Globalen Süden: Kamerun, Kolumbien, Indonesien, Kenia und Uganda, Mongolei, Pakistan, Peru, Zentralafrikanische Republik und Tansania. «Jedes dieser Biosphärenreservate fördert unter anderem innovative lokale Praktiken, die darauf abzielen, die biologische Vielfalt zu erhalten, die Ökosysteme zu schützen und den Klimawandel zu bekämpfen», unterstreicht die UNESCO. In Kamerun ist der über 60 Millionen Jahre alte Korup Tropenwald einer der ältesten Regenwälder Afrikas. Mit einer grossen landschaftlichen Vielfalt, die von Tieflandwäldern bis hin zu subtropischen Bergwäldern reicht, beherbergt er eine grosse Population afrikanischer Primaten, darunter den vom Aussterben bedrohten Cross River Gorilla. Ausserdem leben dort über 30'000 Menschen. 32 Dörfer beteiligen sich in einem Kooperationsprozess an der Bewirtschaftung des Waldes, um die Beteiligung der Gemeinschaft zu stärken und die Lebensgrundlagen zu verbessern. Zusammen mit den neuen Reservaten zählt das Globale Netzwerk nun 748 Biosphärenreservate – darunter 23 grenzüberschreitend – in 134 Ländern.

Kommen Sie mit. Ab April 2024 finden Sie alle Geschichten rund um die Humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz auf deza.admin.ch/geschichten.

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