Das DEZA-Magazin für
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DEZA
Text: Zélie SchallerAusgabe: 03/2018

Volkstänze und weitere Traditionen des vergessenen Volkes der Krimtataren sind wertvolle Kulturgüter. Deren Fortbestand zu fördern trägt auch zum Gleichgewicht der Ethnien bei.

© Tasia Kudrik
© Tasia Kudrik

Die ursprünglich in den Steppen Zentralasiens beheimateten Tataren waren vor dem Zweiten Weltkrieg eine der wichtigsten Bevölkerungsgruppen der Krim. Ihr Anteil ist heute auf gut zehn Prozent der autonomen Region im Südosten der Ukraine gesunken. Zwischen 180 000 und 240 000 Tataren wurden 1944 unter Stalin wegen angeblicher Kollaboration mit den Nazis nach Zentralasien deportiert und dort zerstreut. In den zwei darauffolgenden Jahren kamen rund die Hälfte von ihnen um.

Seit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 kehrten rund 250 000 Krimtataren in ihre angestammte Heimat zurück und kämpften dort für ihre nationalen und kulturellen Rechte. Tausende von ihnen sind nach der Annexion der Krim durch Russland wegen zunehmender Menschenrechtsverletzungen ihnen gegen- über wieder geflohen. Dies hat dazu geführt, dass die auf der Halbinsel verbliebenen Tataren ihre kulturelle Identität stärker schützen und ihr Erbe zu bewahren suchen. Die geografische Lage dieser muslimischen Bevölkerung am Schnittpunkt östlicher und westlicher Zivilisationen liess sie verschiedene kulturelle Strömungen aufnehmen und spezielle Eigenheiten entwickeln.

© Anton Marsovich
© Anton Marsovich

Sanft und anmutig

Zur Förderung dieses Erbes und des Friedens unter den Ethnien unterstützt die DEZA unterschiedlichste Aktivitäten, insbesondere Volkstanzauftritte an Festivals. «Die Tänze verbinden virtuos östliche und westliche Formen und zeichnen sich durch präzise, kräftige Schritte aus. Getanzt wird zu einer lebhaften Musik, vor allem an Hochzeiten. Die Arme bewegen sich dabei sanft und anmutig», erzählt Ludmyla Nestrylay, die Kommunikationsverantwortliche des Schweizer Kooperationsbüros in der Ukraine. Ein Beispiel dazu ist «Agir Ava ve Khaitarma», ein Tanz über die Rückkehr der Menschen in ihre Heimat nach der Deportation. Generell sind diese Tänze zu «einem wichtigen Instrument der nationalen Identitätsbildung geworden», erzählt Esma Adjieva, die Leiterin der NGO Alem, die das Projekt umsetzt.

© Sergey Korabelnikov
© Sergey Korabelnikov

Um den Krimtataren sowohl in der Ukraine als auch im Ausland mehr Präsenz zu verleihen, unterstützt die Schweiz auch Forschungsarbeiten zu den Traditionen dieses Volks und deren Verbreitung unter Fachleuten und der breiten Öffentlichkeit. An der Jugendakademie der Wissenschaften der Ukraine wurde eine Abteilung zu Geschichte, Kultur und Kunst der Krimtataren eröffnet. «Unglaublich, wie dieses Projekt die Menschen auf der Halbinsel und die Festlandukraine verbindet», hält die an der staatlich unterstützten Institution lehrende Professorin Lenura Khalilova fest.

Eine nächste Etappe bildet die Aufnahme des krimtatarischen Schmucks (Örnek) in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes. Das Dossier wird laut der ukrainischen Kulturministerin Yevhen Nyshchuk nächstes Jahr eingereicht. «Zu Hause haben wir noch Schmuckstücke, die meine Grossmutter vor der Deportation angefertigt hat», erzählt Niyara Abdurakhmanova, die in Kiew Englisch und Deutsch studiert und in der Freizeit Stickerei-Workshops besucht. «Ich möchte, dass sich mehr junge Leute mit dieser feinen Kunst beschäftigen; es ist wichtig, diese Fertigkeit weiterzugeben.»

Kommen Sie mit. Ab April 2024 finden Sie alle Geschichten rund um die Humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz auf deza.admin.ch/geschichten.

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